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Right

Ikea, der real gelebte Kommunismus

Kommt man raus aus seiner loftigen Großstadtwohnung und strebt das Aufhübschen dersolchen an, geht es immer erst zu Ikea. Und dann steht immer auch ein Besuch im Restaurant dort an.

Warum eigentlich? Es gibt die überwürzten Hackebällchen aus Fleisch und die aus Pflanzenzeugs, die nicht mehr voneinander zu unterscheiden sind. Mausgrauer Kartoffelklecks dazu, siebzehn Erbsen, die sehr lange eingefroren waren, braune Soße aus dem Reservoir, abgepackter Salat.

Zur Mittagszeit ist es dort voll. Du musst um deinen Platz im schummrigen Neonlicht kämpfen, weil die wenigen Plätze am Fenster sofort weg sind. Kannste nämlich raus auf den Parkplatz gucken!

Brühwarme Kaffeespezialitäten aus dem Vollautomaten. Free-Flow-Limo für 1,75 Euro (es waren mal 50 Cent), und die Leute gehen Eiger-Nordwand-steil. Schweden-Cola, Himbeerbrause oder Zitronenlimo. Der Clou ist das Mischen! Man achtet darauf, mindestens ein zweites Mal hinzugehen und auf die abgefingerten Knöpfe zu drücken. Man will das Geld wieder raushaben.

Als ich da sitze, erinnere ich mich an einen Besuch in der originalgetreu erhaltenen Kantine eines DDR-Museums vor zwei Jahren in Oschersleben. Die Deko dort war uriger – Ernst Thälmann faustete dir zum Essen zu. Die Lichtfarbe war genauso, das Essen – irgendwie auch.

Egal ob Sao Paolo, Peking, New York oder halt Köln-Godorf: Es gibt dieselben Grönsaksbullar, dieselbe Himbeerlimo, dasselbe Billy-Regal, dieselben Topflappen. Und jeder kauft da, weil die Preise halt noch ganz okay sind und die Auswahl auch nicht so schlecht ist. Und weil er so eine Weile vom kapitalistischen Alltag da draußen entfliehen kann.

Ich will hier gar nicht die alten Kamellen aufwärmen, dass schon DDR-Zwangsarbeiter für Ikea schuften mussten, aber es passt ganz gut ins Bild. Ikea ist gelebter Kommunismus mit all seinen Licht- und Schattenseiten.

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Ach, Autokorrektur…

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OK

5 before bed

Bevor ich schlafen gehe, blogge ich oft noch, lese ein paar Seiten, notiere mir drei Dinge, für die ich an dem Tag dankbar war, trinke noch ein Glas Wasser, checke meine Termine für morgen, putze mir die Zähne, höre einen Podcast weiter, meditiere noch manchmal, spiele mein Mobile Game, chatte…

Dass ich in letzter Zeit schlecht einschlafe, kommt da vielleicht nicht so überraschend…

Womit ich deswegen jetzt angefangen habe: 5 Minuten Nichtstun vor dem Schlafengehen. Ich liege dann einfach auf meiner Couch, lege alle Gegenstände weit weg, liege nur da, entspanne ein wenig und denke über den Tag nach.

Aus den 5 Minuten wurden auch schon mal 10 oder 15. Ich mache das erst seit ein paar Tagen. Zu früh also für ein Resümee oder gar dafür, es Gewohnheit zu nennen. Aber bisher tut mir das nicht nur sehr gut und ich schlafe wieder besser ein, es geht mir auch erstaunlich leicht von der Hand. Oft brechen wir ja in Panik aus, wenn wir nichts zu tun haben, ich für gewöhnlich auch.

Vielleicht gelingt es mir allein deshalb, weil ich auf der Couch seit ein paar Tagen zur Tür blicke, nicht zum Fenster raus, wo die große weite Welt wartet. Dafür verantwortlich ist mein neuer Fernseher, der in der Ecke der Tür wohnt. So trägt der jetzt indirekt dazu bei, dass ich besser schlafe. Verrückt.

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Deniz Undav

Ist der erste ehemalige Spieler des SV Meppen, der es in die deutsche Nationalmannschaft geschafft hat. Heute beim tollen 2:0-Spektakel gegen Frankreich feierte er sein Debüt:

Freue mich sehr für ihn. Seit ich 2019 mal mit Mattes zusammen in Duisburg bei einem Auswärtsspiel des SV war (3:1 gewonnen) und Undav ein Tor schoss, verfolge ich seine Karriere ein wenig. Er wurde in der Saison vom „Kicker“ zum besten Spieler der 3. Liga gewählt, wechselte dann – in meinen Augen etwas unglücklich – in die 2. belgische Liga immerhin zum aufstrebenden Klub Union St. Gilloise, mit denen er aufstieg und ein weiteres Jahr später Torschützenkönig in Belgien wurde. Sein Wechsel in die Premier League zu Brighton & Hove Albion war bisher dann leider gar nicht von Erfolg gekrönt, so dass er in dieser Saison an den VfB Stuttgart verliehen wurde. Dort fügte er sich wunderbar in das Überraschungsteam ein (aktuell Platz 3 in der Bundesliga), schoss bereits 14 Tore, lieferte 7 Vorlagen. Und nun das Debüt in der Nationalmannschaft.

Steht außer Frage, dass „wir“ in Meppen alle stolz auf ihn sind. 🙂 Ich behaupte sogar, das wäre schon 2-3 Jahre früher möglich gewesen, wenn er diesen Schlenker in die 2. belgische Liga ausgelassen hätte, aber nun ja, besser spät als nie.

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Abnehm-Challenge Endspurt

Bin wieder halbwegs gesund und habe jetzt noch genau 1 Woche Zeit, um die Challenge gegen Christian zu gewinnen und von ursprünglich 83 auf 75 kg zu kommen. Ich habe trotz aller Widrigkeiten (immer wieder verletzt und öfter krank als gesund) weiter abgenommen und bin jetzt bei 77 kg. Obwohl ich die letzten 2 Wochen kein Sport machen, geschweige denn mich viel bewegen konnte.

Jetzt bin ich noch weit vom Ziel entfernt, und die Woche dürfte hart werden, wenn ich das noch schaffen will. Aber schon jetzt finde ich es verblüffend, wie mein Körper die Kilos abwirft, seit er realisiert hat, dass ich sie definitiv nicht mehr haben will. Die Psyche spielt da eine enorme Rolle.

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Yeah

Wenn ein Reisender in einer Winternacht

Du kennst vielleicht auch einige Bücher, Filme, Theaterstücke oder Serien, in denen die Handelnden die vierte Wand durchbrechen. Sie wenden sich dann direkt an das Publikum. Shakespeare etwa hat das in einigen Stücken gemacht. Bekannt geworden sind auch die Momente in der Serie „House of Cards“, in der der Protagonist dem Zuschauer sein Handeln erklärt. Gleich in der allerersten Szene beginnt dieses Spiel, das sich bis zum Ende seines Auftretens in mehreren Staffeln immer wiederholt:

Mel Brooks geht in seiner Star-Wars-Satire „Spaceballs“ noch ein paar Schritte weiter. Er spielt immer wieder mit der Tatsache, dass das Ganze ein Film ist. Etwa wenn der Antagonist direkt in die Kamera fragt: „Haben das alle verstanden?“, die Sturmtruppen glauben, die Rebellen nach einer wilden Verfolgungsjagd in der Falle zu haben, dabei haben sie nur deren Stunt-Doubles erwischt. Oder wo der 1. Offizier die Idee hat, man könne doch einfach ein Instant-Video des Films, den man gerade dreht, einlegen und vorspulen, um so in Erfahrung zu bringen, was die Gegenseite als nächstes tut:

Metafiktion nennt sich das. Das Auflösen zwischen Realität und Fiktion. Und genau das treibt Autor Italo Calvino in seinem Roman „Wenn ein Reisender in einer Winternacht“ auf die Spitze. Schon auf der ersten Seite wendet sich Calvino an Leserin und Leser und begrüßt sie im Buch. Es dauert nicht lange, da wird der Leser zum Handelnden, quasi zur Hauptfigur. Die Leserin folgt im im letzten Drittel des Buchs.

Ab Seite 30 ufert der Plot dann völlig aus. Plötzlich spielt Calvino mit der Idee, dass sich Seiten eines anderen Buchs in das seine verloren haben. Du als Leser gehst dem Ganzen auf den Grund und landest in der Druckerei, sprichst mit dem Verleger, stellst dabei fest, dass selbst die vertauschten Seiten gar nicht echt sind und die Wahrheit vielleicht in völlig anderen Büchern liegen – aus denen nach und nach Kapitel um Kapitel im Buch auftauchen. Nebenbei verliebst du dich in eine mysteriöse Büchernärrin, findest dich plötzlich auf der Flucht wieder und stellst fest, dass der Übersetzer des Buchs in all dem seine Finger haben könnte.

Was für ein Wahnwitz! Calvino persifliert dabei ganz nebenbei zahlreiche Literaturstile, vom südamerikanischen Historienepos über einen japanischen Erotikzyklus bis hin zum französischen Groschenroman. Vor allem der Auszug aus letztem ist so herrlich übertrieben, dass ich mich beinahe weggeschmissen habe. Alles in allem eine bunte Reise durch die moderne Literatur wohl mit der Aussage, dass jedes Buch auf seine Weise einzigartig ist, jeder jede Geschichte anders wahrnimmt, aber kein Autor dieser Welt etwas wäre ohne seine Leser.

Toll!

Und wo ich oben eh schon bei Filmen war: Erinnert hat mich das irgendwie an „Everything Everywhere All At Once“. Wahrscheinlich wegen der vielen Sprünge, dem Genremix, den vielen Subplots und der wahnwitzigen Handlung. Falls ihr den Film gesehen habt: So ungefähr könnt ihr euch Calvinos Buch vorstellen. Es sollte mehr von sowas geben.

„Wenn ein Reisender in einer Winternacht“ wurde aber anscheinend noch nicht verfilmt. Dürfte auch schwer werden, aber würde sich lohnen.

Die ersten drei Titel auf meiner Bücherliste habe ich damit gelesen. Jetzt bin ich sehr auf eins der nächsten gespannt. Vielleicht wird’s „Rayuela“, ein Buch, dessen Kapitel man in beliebiger Reihenfolge lesen können soll.

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Right

Was ich an der deutschen Sprache gerne ändern würde

Ob ich mich selbst als solchen sehe oder nicht, ist beinahe einerlei: Ich bin ein Sprachprofi, weil ich mich täglich mit Sprache befasse, insbesondere der deutschen. Und jetzt, wo ich diese Sprache seit über 40 Jahren benutze und viel darüber gelernt habe, muss ich sagen: Ich mag sie. Man kann viel mit ihr anstellen, wunderbar treffende Formulierungen finden und einiges schöner ausdrücken als in allen anderen Sprachen. Was sich in der Grammatik der deutschen Sprache aber auch widerspiegelt, ist die Regelungswut, mit der sie aufgebaut ist. Frag mal einen Einwander oder eine Einwanderin, die Deutsch lernen, was die über die Grammatik sagen. Platt gesagt: Wir haben über 30 verschiedene Fälle, in denen der Engländer einfach „the“ sagen kann.

Es gibt allerdings selbst für Muttersprachler und Sprachprofis immer wieder Ungenauigkeiten, Fallstricke, Regeln, die bei genauerer Betrachtung überflüssige Relikte sind. Und einige davon könnte man relativ einfach abschaffen und den Menschen damit das Leben erleichtern. Ich möchte mal einige Vorschläge der Dinge ins Feld werfen, die ich an der deutschen Sprache gerne ändern oder abschaffen würde.

1. Das Großschreiben von Hauptwörtern

Das Großschreiben von Substantiven (Hauptwörtern) ist etwas, was die deutsche Sprache relativ exklusiv hat. Man findet es nicht im Spanischen, nicht im Französischen, nicht im Niederländischen, nicht im Englischen. Es gibt dort Ausnahmen, wie natürlich Eigennamen, Ortsnamen, im Spanischen oder Englischen auch Monatsnamen und natürlich Satzanfänge. Das war es aber für gewöhnlich auch schon. Herrlich einfach!

Im Deutschen brechen wir uns einen ab mit der Groß- und Kleinschreibung. Es ist nicht besonders kompliziert bei klar erkennbaren Hauptwörtern wie Gegenständen (Auto, Fahrrad, Türklinke). Aber Zweifelsfälle gibt es dennoch zuhauf:

Wenn ich deutsch [groß oder klein?] spreche, etwas im Großen und Ganzen [groß oder klein?] über kurz oder lang [groß oder klein] meine, den einen [groß oder klein?] mit einschließe, den anderen [groß oder klein] aber nicht. Schreibe ich „hundert“ groß oder klein? Kann ich dir das eine [groß oder klein?] sagen, aber nicht das Andere [groß oder klein]? Im Folgenden [groß oder klein?] nämlich halte ich dich auf dem Laufenden [groß oder klein?].

mein punkt ist: die großschreibung von hauptwörtern hat keinerlei vorteile. der text wird dadurch nicht verständlicher, das lesen nicht einfacher. in diesem absatz schreibe ich gerade – du wirst es gemerkt haben – alles klein. und obwohl das für dich ungewohnt aussieht, wirst du alles problemlos verstehen. ein dickes argument dafür, die großschreibung von hauptwörtern abzuschaffen.

2. Das ß

Eigentlich hat die Rechtschreibreform die Regel ganz gut hinbekommen und jahrzehntelange Zweifelsfälle beendet:

  • Nach einem kurz gesprochenen Vokal schreibst du ss, z.B. Fluss.
  • Nach einem lang gesprochenen oder Doppelvokal schreibst du ß, zum Beispiel fließen oder Fußball.

Das war anno 1996 im Grunde schon die halbe Abschaffung des ß. Die große Frage ist: Warum nicht ganz weg damit, wenn man es mit ss sowohl schriftlich als auch phonetisch doch gleichwertig ersetzen kann?

In der Schweiz klappt das seit den 1930er-Jahren ziemlich gut. Ja, es gibt einzelne Zweifelsfälle wie Busse: Sehe ich Busse über die Straße fahren ohne tue ich gerade Busse, indem ich eine Woche lang nichts esse? Es erschließt sich meist aus dem Kontext.

Nicky, die ja seit einigen Monaten meine Kollegin ist, hat sich das ß bereits abgewöhnt. Das ist ein wenig nervig, weil ich das dann in ihren Texten wieder zurückändern muss (lasse ich dich bald selbst machen, freu dich drauf! 😉 ). Und jedes Mal frage ich mich dabei: Warum eigentlich noch? Wozu braucht es das ß noch?

Ich prophezeie, dass das ß in wenigen Jahrzehnten sowieso abgeschafft wird, weil es das Schreiben nicht einfacher macht und das Erlernen der Sprache auch nicht. Vor allem aber, weil man es ganz einfach abschaffen kann: Man benutzt es einfach nicht mehr und kaum jemandem wird es auffallen.

Ich geb es ehrlich zu: Ich bin sogar ein kleiner Fan des ß. Es ist eine ganz niedliche Eigenart der deutschen Sprache, ähnlich wie die Tilde im Spanischen („señor“), das Trema im Französischen oder Niederländischen („geïnteresserd“) oder den Accent circonflexe im Französischen („ragoût“) – der aber auch nur historische Gründe hat und für die korrekte Aussprache nicht notwendig ist.

Ähnlich wie das ß. Ist ganz hübsch, aber brauchen tut es das nicht mehr. Für eine niedliche Eigenart blieben uns im Deutschen ja noch die Umlaute.

3. „Person!“

Ich möchte einiges abschaffen; das hier würde ich gerne neu einführen. Und zwar die Möglichkeit, fremde Menschen auf der Straße mit einer Anrede anzusprechen, wie es auch die Briten, Niederländer, Franzosen, Italiener, Spanier können:

ItalienischSignor, Signora
SpanischSeñor, Señora
FranzösischMonsieur, Madame
NiederländischMeneer, Mevrouw
EnglischSir, Madam
Deutsch?, ?

Im Prinzip haben wir im Deutschen „Herr“ und „Frau“ dafür. Klingt aber komisch, sagt man nicht, ruft man schon gar nicht. „Herr, Sie haben Ihre Tasche dort vergessen!“, „Frau, Frau! Bitte warten Sie.“ Klingt komisch, fast wie eine Belästigung.

Aber was nehmen wir stattdessen? Wir behelfen uns mit Verlegenheitskonstruktionen wie „Tschuldigung!“, etwas höflicher: „Verzeihen Sie…“ oder „Guten Tag! Könnten Sie…“. Richtig praktisch ist das alles nicht und – steile These – es könnte sogar dafür sorgen, dass wir im Alltag noch mehr für uns bleiben als sowieso schon. Es hält den einen oder anderen davon ab, jemand Fremden einfach anzusprechen.

Eine Lösung habe ich dafür leider nicht. Ich kann hier nur den Wunsch äußern, dass man da etwas einführt.

Und das war’s auch erstmal schon. Diese drei Dinge würde ich an der deutschen Sprache gerne ändern. Es gäbe noch viel mehr, wenn man erstmal anfinge, aber dafür bin ich dann doch wieder nicht Sprachprofi genug.

Was würdet ihr gerne an der deutschen Sprache ändern?

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Right

Als ich heute Morgen in die Küche kam

Als ich heute Morgen in die Küche kam, saß ich da schon und las die Zeitung. Auch eine Tasse Tee stand neben mir.

„Ja, wie?!“, rief ich. „Was mache ich denn hier? Ich hab doch bis eben noch geschlafen!“

„Hm-mh“, murmelte das andere Ich, tief in seine Zeitungslektüre verstrickt. „Hast du gewusst, dass fünf von zehn Menschen Frühaufsteher sind? Steht hier.“

„Und das bedeutet?“

„Das bedeutet, dass ich es satt habe, immer bis fast mittags in den Seilen zu hängen. Und deswegen bin ich heute einfach schon mal um 5 Uhr raus.“

„Und die Zeitung?“

„Habe ich mir beim Bäcker gekauft. Sind auch noch Brötchen da. Möchtest du eins?“

„Das mit Körnern sieht nicht schlecht aus. Vielen Dank!“

„Gibt auch Aufschnitt und bisschen Marmelade.“

„Ich mag keine Marmelade, und du, also ich, dann doch eigentlich auch nicht.“

„Eigentlich nicht, nein“, sagte das andere Ich und lugte mich herausfordernd an.

Ich setzte mich erst einmal. Diese ungeahnte Begegnung hatte mich verwirrt, und ich schlief ja auch noch halb. Der Andere hatte einen zweiten Teller und ein Messer da stehen, noch unbenutzt. Ich zog beides zu mir rüber und schnitt erst einmal das Brötchen auf, murmelte dabei leise vor mich hin. Ich2 sagte nichts, aber ob er nun Zeitung las oder nicht – ich merkte seinen lauernden Blick auf mir. Er sah meinem Spiegelbild schon ähnlich, so ist es nicht. Aber dieser Gesichtsausdruck! Viel forscher, freier.

„Ump“, fragte ich mit vollem Mund, „woll daf jetf häufiger paffieren?“

„Dass ich Dinge einfach anders mache als du, dass ich aus dem engen Konstrukt ausbreche, dass du dir selbst angezogen hast, dass ich zum Freigeist werde und ab jetzt häufiger hier sitze? Ja, das soll passieren.“

Dieser Story Opener entstand im Rahmen einer fünfzehnminütigen Schreibübung in einem Seminar für kreatives Schreiben. Beim Transkribieren leicht abgeändert. Die anderen Kursteilnehmerinnen (ja, ausnahmslos Frauen) fanden es ganz gut, sagten höchstens, ich könnte noch mehr mit Ichs arbeiten, mit den Ebenen spielen, und eigentlich wäre das doch auch der ziemliche Horror, sich morgens selbst in der Küche zu treffen und das könnte ein solcher Text alternativ darstellen.

Was meint’s ihr? Und wie könnte es weitergehen?

*

Hrhr…

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Yeah

Podcasts auf dem Fernseher

Ich habe mir tatsächlich nach über 5 Jahren ohne mal wieder einen Fernseher zugelegt. Warum weiß ich selber gar nicht so genau. Choose your favorite answer among those four:

  • Zum Fußballgucken
  • Um mal wieder mit Menschen zusammen was gucken zu können
  • Weil Filme und Serien auf dem großen Bildschirm mehr Spaß machen
  • Als Deko-Objekt

Irgendwie sind es tatsächlich alle vier Gründe. Punkt 2 wundert mich auch am meisten, aber irgendwie ist das doof, nie jemanden einladen zu können, um mal nen Film, nen Fußballspiel oder den Eurovision zusammen zu gucken, weil das auf dem Laptop nicht so die brilliant experience ist. Weil ich mir einen Samsung „The Frame“ zugelegt habe, kann ich den jetzt auch als Bilderrahmen benutzen (Ein passendes Schränkchen kommt noch):

Und noch etwas habe ich die ersten zwei Tage damit viel gemacht: Podcasts hören! Das Ding hat nämlich auch eine Spotify-App, und irgendwie höre ich gerade wieder gerne vermehrt Podcasts, während ich mein Handyspiel spiele. Weil der Fernseher zufällig auch den besten Lautsprecher aller Geräte hier im Raum hat (die anderen beiden sind Notebook, Handy und Smartwatch), höre ich Podcasts gerade auf dem Fernseher tatsächlich am liebsten:

Und dann verwende ich ihn im Bildmodus außerdem gerne als Leselampe, weil meine eigentliche neue zwar superstylisch aussieht, aber zu funzlig ist…

Stimmt schon, energietechnisch (Klasse F) werde ich in die Hölle kommen.

*

Dienstanbieter is‘ nich‘

Was das Thema Live-Fernsehen anbelangt und wer mein nächster Anbieter wird, wo der Kabelanschluss bald wegfällt, muss ich demnächst mal auf dem Trendblog was zu schreiben. Ich glaube nämlich: gar keiner. ARD und ZDF kann ich in HD über die Mediatheken-Apps der Smart-TV-Oberfläche live streamen. Alle anderen 700 Sender brauche ich in 101 % der Fälle eigentlich nicht. Gemein nur, dass RTL die wenigen Länderspiele, die ARD und ZDF nicht zeigt, gegen teuer Geld streamt.

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Yeah

Wenn ich krank bin, geht es mir seelisch gut

Meine aktuelle Erkältung ist in mehrfacher Hinsicht sonderbar. Zum ersten hatte ich vor etwas mehr als einer Woche schon mal eine. Warum jetzt nochmal? Gibt es sowas wie Immunität nicht mehr?

Zum zweiten bin ich hellwach dabei. Ich schlafe nicht ein, werde nie müde. Was immerhin die positive Erkenntnis hinterlässt, dass ich so alt und leistungsunfähig, wie ich manchmal denke, offenbar doch nicht bin. Viel Müdigkeit ist im Alltag wohl einfach Kopf.

Womit wir bei Punkt 3 wären: Wenn ich krank bin, habe ich keine seelischen Problem, kaum Ängste, Sorgen oder Nöte. Dass meine berufliche Situation ungewiss ist? Ist halt so. Dass ich gerade Single bin? Passt schon, fühlt sich sogar gut an. Dass ich immer noch nicht genau weiß, wo ich im Leben eigentlich hin will? Geschenkt.

Ich will nicht sagen, man sollte öfter mal krank sein, aber es verändert den Blick auf die Dinge. Ist eine sehr lehrreiche Woche gerade.

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Right

Herz der Finsternis

Wenn ich von „Herz der Finsternis“ eins gelernt habe, dann, dass ich des Englischen weit weniger mächtig bin, als ich dachte…

Ich las die Novelle des polnischen (!) Autors Joseph Conrad zunächst auf Englisch, begann anfangs noch die meisten Worte nachzuschlagen, die ich nicht verstand, nur um dann irgendwann zu kapitulieren und einfach weiterzulesen. Der Kindle erlaubt zwar das Übersetzen per Knopfdruck – eine sehr praktische Funktion! Aber wenn man pro Seite eigentlich zehn Wörter nachschlagen müsste, die man nicht oder nur in einem anderen Kontext kennt, dann lässt man es besser irgendwann. Conrad hat offensichtlich mit einem Wörterbuch in der Hand geschrieben und sich bemüht, sich möglichst gewählt auszudrücken. Draped? Fringed? Flash? Crimson? Charms? Superb (in diesem Kontext)? Nee, zu viel…

Anschließend also die deutsche Übersetzung – die ich sehr gut verstand.

Was ich vorher nicht wusste, sich beim Lesen aber schnell andeutete: „Herz der Finsternis“ ist die Romanvorlage für den Filmklassiker „Apocalypse Now“. Der englische Kapitän Charles Marlow erzählt seiner Crew Jahre später von seiner einstigen Reise im Kolonialgebiet den Kongo hinauf, auf der Suche nach einem gewissen Mr. Kurtz.

„Herz der Finsternis“ wird als Kritik am Kolonialismus gesehen. Zwar spielt die Geschichte – wenn auch der Ort nicht näher benannt ist – recht zweifellos im Kongo, wo die damaligen belgischen Kolonialherren unfassbar gehaust haben müssen. Dass die Rahmenhandlung allerdings auf der Themse spielt und Marlow von dort erzählt, lässt die Allgemeingültigkeit der Kritik durchklingen. Europäer, die sich über die vermeintlich Wilden in Afrika oder anderswo auf der Welt erheben – ein Frevel, egal von welcher Nation ausgeübt.

In „Herz der Finsternis“ geht es allerdings auch um die Reise eines Menschen in die Untiefen der Seele, praktisch ins eigene Herz der Finsternis. Marlow trifft schließlich auf Kurtz, der diese Reise schon vor ihm getan hat und teils engelsgleich, teils teuflisch beschrieben wird. Seine Erkenntnis, dass am Tiefpunkt der Seele das Grauen liegt, er selbst mitgeholfen hat, es herbeizuführen und ihm nun keine Zeit mehr bleibt, es wieder gut zu machen, beschreibt die Tragik der Existenz.

War eins der Bücher, die ich unbedingt lesen wollte. Zumindest auf Deutsch hat’s mir sehr gefallen. 😉

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Argh

Wach

Ich wäre gerne einmal tagsüber so wach wie gestern Nacht um 0100 Uhr und die 17 Stunden danach.

So etwas habe ich nämlich auch noch nicht erlebt: Meistens gehe ich gegen 0100 Uhr schlafen, kuschele mich ein und schlafe recht schnell ein. Klar, manchmal auch nicht. Und so ein Abend war gestern. Ich liege dann wach, drehe mich um, probiere es mit einer Meditation, anderen Atemtechniken oder lese etwas Langweiliges. Meistens werde ich dann gegen 0400 oder 0500 so müde, dass ich dann doch einschlafe. Diesmal nicht. Ich lag hellwach im Bett.

Irgendwann gagen 0300 gab ich diesmal auf und begann zu arbeiten. Normal macht mich das ja müde. Diesmal aber auch nicht. Ich las, ich schrieb, ich organisierte, zwischendurch aß ich was. Und gegen 1200 Uhr mittags war ich dann mit allem durch und hatte Feierabend. Müde war ich immer noch nicht, aber ich probierte es mit einem Mittagsschlaf. Zwei Stunden später – ich war ein paar Mal eingenickt – reichte das auch schon. Und ich ging – immer noch hellwach – ans Lesen und den Papierkram.

Vielleicht muss man dazu sagen, dass ich gestern zu allem Überfluss auch noch Kratzen im Hals hatte; nahende Erkältung. Der Körper soll sich ja im Schlaf erholen. Er kam nicht dazu. Aber heute hatte ich den Eindruck, dass das auch gar nicht so schlimm war. Der Körper war so wach, dass die Krankheit einfach nicht ausbrechen konnte.

Nach dem Abendessen gegen 1800 – ich las „Herz der Finsternis“ auf der Couch – wurden mir erstmal so langsam die Augen schwer. Jetzt ist es 2200 Uhr, es wäre eine gute Zubettgehtzeit, um morgen gegen 1000 Uhr wach zu sein. Aber jetzt bin ich natürlich nicht mehr müde.

Klar, morgen wird der Mann mit dem Hammer mir so richtig eins auf die Zwölf geben. Aber ich hab ehrlich keine Ahnung, was ich anders hätte machen können.

Drogen? Nein, keine genommen. Der letzte Kaffee am Nachmittag vorher gegen 1600 Uhr, Filterkaffee, mittelstarke Röstung. Sonst nichts.

Ich mag die Erkenntnis zu sehen, dass ich 24 Stunden und länger ohne Probleme wach sein und durcharbeiten könnte. Da kommt man sich plötzlich gar nicht mehr so alt vor. Noch besser wäre es natürlich, das ließe sich nach Belieben steuern.

Vielleicht sollte ich mich vollends von diesem Tag-und-Nacht-Konzept lösen. Dann schlafe ich halt, wenn ich müde bin und arbeite, wenn ich wach bin. Ich lebe ohnehin schon ein völlig ungewöhnliches Leben. Drauf kommt es dann auch nicht mehr an.

Trotzdem: Was sind eure todsicheren Einschlaftipps?

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Renovieren

Derzeit mache ich meine Wohnung nochmal hübsch, kaufe ein paar neue Möbel und Accessoires, designe noch was um. Und es geht ins Geld. Die veranschlagten 1.000 Euro Budget werden nicht mal annähernd reichen. Zumal ich mich entschlossen habe, mir wieder einen Fernseher zu kaufen – und da ist keiner hübscher, besser und passender als Samsungs The Frame – und mein Akkustaubsauger gerade seinen Geist ausgehaucht hat.

Heute habe ich’s aufgegeben und entschieden, es einfach „Renovieren“ zu nennen. Dann kommt es mir nicht mehr so schlimm vor, wenn ich das Budget deutlich sprenge. Ist ja für einen guten Zweck.

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Komm ins beste Netz, haben sie gesagt, hier gibt es keine Funklöcher, haben sie gesagt. Schon gar nicht in der Telekom-Stadt Bonn in der Innenstadt. Haben sie gesagt.

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Kostenlos kaufen – Amazon macht’s möglich.

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Alright!

Anleitung zum Fröhlichsein

Ich schrieb neulich schon einmal: Man sollte auch in Gesellschaft traurig sein dürfen, vor allem (aber nicht nur) wenn der Anlass es gebietet.

Bei mir war es neulich aber anders herum: Ich hatte eigentlich allen Grund, fröhlich zu sein. Zuletzt gelang mir eigentlich sehr viel, an diesem Tag sogar alles, das Wetter war gut, gesundheitlich ging es bergauf. Ich wollte auch fröhlich sein (zu oft trauern ist auch nicht gut), war es aber nicht.

Also wurde ich aktiv und schreibe hier mal eine Anleitung auf. Die wird nicht jedem gefallen und vielleicht auch nicht immer funktionieren, hat sie aber bei mir in diesem Moment. Also:

Anleitung zum Glücklichsein nach Aventurer, 2024:

  1. Höre ein wenig melancholische Musik, zum Beispiel diese zwei Songs.
  2. Vergieße dabei ein paar Tränen (wichtig!)
  3. Horche in dich hinein und schreibe alles auf, was dich derzeit wahrscheinlich traurig macht.
  4. Schreibe dann alles auf, was an diesem Tag gut war. Stelle überraschend fest, dass das sogar teils identische (aber anders herum interpretierte) Punkte sein können wie die negativen, die du just davor runtergeschrieben hast.

Wenn dann an diesem Tag auch noch einiges anderes gut lief und du gut zu dir selbst warst, behaupte ich, ist die Chance hoch, dass du fröhlich schlafen gehst. Ich hatte heute zudem eine Präsentation erfolgreich hinter mich gebracht, hatte viel Bewegung (Sport) und mir selbst ein neues Rezept gekocht, also für meine Verhältnisse überdurchschnittlich gesund gegessen.

Im Zweifel einfach mal ausprobieren!